eine einzelprozess beschreibung

Sonja, die dunkle sonne, die zu strahlen begann und ihren ruhigen Platz fand

bei ersten setting bestand die aufgabe darin sich aus dem angebotenen farbfächer die ansprechendste farbe auszuwählen und zu besprechen, dazu zu assoziieren. für Sonja war es total klar, dass sie die farbe gelb wählt, weil das genau ihre farbe ist. sie hat ausführlich mit leuchtenden augen erklärt, dass das ihre farbe ist. voll begeistert startete sich nach der gemeinsamen assoziationsrunde mit dem bild auf  A2 in dem sie den gelben bogen tonpapier A3 einarbeiten sollte. sie malte berge, grüne flächen und drei blaue wolken. dabei schnitt sie aus dem papier den schriftzug sonne aus und malte diesen etwas schwarz an bevor sie ihn auf die rechte ecke des blattes klebte. gefolgt von den worten: „so iatz geht’s los!“

dritte aufgabe war es eine geschichte dazu zu schreiben, die ich sehr wichtig finde und hier erwähne: 

„mein bild heißt: berg- und talfahrt.

die geschichte dazu von sonja

ich habe dieses bild gemacht, da ich da anfangen wollte, wo ich vor dreißig jahren aufgehört habe, beim „berg“ malen. nur heute als erwachsener nenn ich es für mich berg und talfahrt. 

als kind jedoch, gab es für mich nur die berge, wahrscheinlich als bergfahrt

ich malte die sonne als zeichnung früher, nicht als schrift,…

also noch ein mal die geschichte zu dem bild:

als ich ein kind war, ich denke das war vor der scheidung meiner eltern, malte ich leidenschaftlich gern. und es gab für mich nur ein objekt und das waren die berge. Immer nur berge!    auch wie ich in deutschland zu besuch bei meiner tante war, kaufte sie mir einen block und wassermalfarben. und ich malte nur berge, sodass meine tante meinte, ich würde meine heimat sehr vermissen, denn in deutschland gibt es keine berge!

ja und dann, habe ich aufgehört zu malen…

heute sage ich, ich habe aufgehört zu malen, da mir die motive ausgegangen sind. und deshalb lautet mein motto: ich fange da an wo ich aufgehört habe… beim inneren kind.“

in der besprechung war es sehr klar für sie, dass sie dort weitermacht, wo sie vor dreißig jahren aufgehört hatte. sie will sich ihre themen anschauen, sagte sie und sie ist sich sicher, dass da einiges auf sie zu kommt oder halt eben aus ihr heraus kommen wird.

das entstandene werk war für sie schön und absolut gelungen, sie freute sich darüber, dass sie wieder etwas mit sich tut. beschrieben wurde ihre kindheit und dass die sonne ihr sehr sehr wichtig ist, sie braucht die sonne, weil das ist für sie das zeichen des lebens. warum es ein schriftzug wurde und nicht das symbol der sonne, fragte ich sie und die antwort war klar, dass die sonne zwar komisch aussieht, aber dies ihr nicht aufgefallen ist. sie hatte aber kein problem damit. sie wollte meine meinung dazu hören, warum das so ist. im austauschmit den anderen damen, wurden dann auch die blauen wolken und rote herz angesprochen. die idee entstand, dass die blauen wolken vielleicht gar keine wolken darstellen, sondern mehr einblicke in den himmel der hinter der weißen wolkendecke ist. sie konnte die Ideen der anderen gut annehmen und damit herumexperimentieren. dazu wollte sie stets meine meinung hören, ob es wohl richtig ist oder was ihr denn fehle. 

der nächste auftrag lautete, den fokus auf die sonne zu legen, da ihr diese sehr wichtig war: 

die sonne erneut auf einem schwarzes A5 tonpapier mittels der angebotenen farben zum strahlen zu bringen. 

sonja nutze das angebot und war sichtlich glücklich mit dem resultat und gab es gleich an die stelle der alten sonne. 

sie erklärte, dass sie die sonne sei.

beim nächsten treffen standen farbexperimente am plan. mittels fingern wurden gouachefarben auf dem gesamten A2 alatt aufgetragen. es sollte das papier komplett und ausschließlich mit einer  farbe ausgefüllt sein – der farbe die man jetzt gerade „brauchte“.

Sonja entschied sich klar für grün, hatte allerdings massive probleme die finger als pinsel zu verwenden, da sie diese dadurch schmutzig macht. 

erwähnenswert finde ich an dieser stelle, dass sie die frau eines konditors ist, somit viel mit teig, wasser und mehl in berührung kommt. großes staunen war in der gruppe auf ihre meldung hin, dass sie einen pinsel wolle. die situation regelte die gruppe in dem sie Sonja gut zusprachen und motivierten auf dieses experiment einzulassen. nach einer kurzen überwindung startete sie skeptisch und gewann dann doch freude am fingermalen. stolz mit ihrem werk schrieb sie die antworten auf die von mir gestellten fragen auf:   

warum? weil die farbe grün beruhigend auf mich wirkt bzw. das ist für mich die ok-farbe und mein ausgleich zu meinem temperament (farbe rot ) ist.

woher? aus meinem unterem bauch. der kopf hätte gelb oder rot gewählt, das wäre der einfachere weg gewesen.

satz dazu: ich fühle mich durcheinander – chaos – sauerei.

ich ließ es so stehen und ging zum nächsten schritt weiter: ein symbol dazu zu finden und auf einem A4 blatt zu malen. wiederholt einen kurzen text/ titel dazu:

„der schlüssel zum erfolg: die liebe“ 

beschrieben wurde, dass die klientin sehr froh über dieses symbol sei und es ihr wiederholt sehr gut ginge beim malen in der gruppe.

stets mit freude kam Sonja in den malraum und dieses mal arbeiteten wir mit der hand-umriss-methode mit der Idee, dass jeder finger sein eigenes thema hat (körper, materielle sicherheit, arbeit- leistung, soziale beziehungen- identität, sinn-moral-spirituelles)

immer wieder teilte sie sich mit oder murmelte vor sich hin, wie es ihr beim arbeiten erging. in diesem fall machte es ihr großen spaß und in der reflexionsrunde wurde dann festgestellt, dass die zonen in hand klar abgegrenzt und nicht miteinander verbunden sind. im gespräch entstand 

in ihr das bedürfnis „die energie von der hand in die finger weitergehen zu lassen, da diese sonst vielleicht absterben könnten und das wolle sie nicht.“

während der veränderung ging es Sonja sichtlich gut, sie wurde ruhiger und ausgeglichener.

wo wollt ihr den fokus hin leiten? fragte ich die damen und stellte die nächste aufgabe: 

in die hand hinein zu zoomen. also einen quadratzentimeter aus der gemalten hand gut aus zu wählen und auf einem A4 blatt  vergrößert zu wiederholen.

bei Sonja war er klar, dass sie die farbe grün wählte und satt mit pinselführung von links nach rechts aufs papier auftrug. 

im folgebild – einen rahmen der dahinter auf A3 entstand, kam sattes gelb-orange zum einsatz und die rot auf dem großen A2 hintergrund. das gestalten gelang einfach aus dem bauch heraus, ganz ohne viel zu denken. 

 „der rahmen ist die wahre liebe zu sich selbst! sich zu nehmen wie man ist und sich zu akzeptieren wie man ist. auch mit seinen werten, den guten und den schlechten“, 

schrieb sich dazu auf und ging tiefer darauf ein. 

die farben erfreuten sie. im gespräch entwickelte sich eine neugier in ihr, was sich unter dem grün befindet. sie wollte am liebsten sehen und erkunden, was in dem grün innen versteckt ist. 

thema einblick gewinnen stand groß im raum. 

auf die idee von mir, den grünen teil etwas zu heben, folgte Sonja sofort und klappte ein stück des blattes nach oben. 

daraufhin stellte sie fest, dass es ihr so viel besser ginge und sie es akzeptieren lernen muss! für mich waren einige aussagen nicht ganz klar, da es für sie aber so sehr gut war und sie für sich die lösung für das aufgekommene thema gefunden hatte, beließ ich es dabei.

arbeiten mit ton folgte bei der nächsten sitzung, was für Sonja zwar schon lange ersehnt, aber aus hygienetechnischen gründen für sie viel zu herausfordernd war. nach genauer erklärung von mir welche tollen eigenschaften ton als medium hat, wie gesund er ist und die wertfreie haltung, dass kein produkt entstehen muss und so weiter,  wagte sie sich an das material heran. sie knetete und schlug den ton, so richtig mit voller wucht und einlassen ins probieren.  es bereitete ihr freude mit den anderen gemeinsam zu kneten, gestalten, zerstören und wieder aufzubauen. nach einiger zeit des sich austestens, als mir vorkam, dass alles ausprobiert wurde, gab ich die aufgabe, sie sollte ein aus der zur verfügung gestellten masse ton, ein ich objekt kreieren. 

mit hingabe und ruhigem tun entstanden zwei schüsseln, denen sie den titel gab:  

„das paar: zusammen, geteilt, gleich, empfangen, geben, entstanden vom kopf“, schweigen…

 „das sind ganz klar zwei schöne schüsselen, die eine für mich und die andere für die kinder. da können wir unsere schlüssel reingeben und das kleingeld das immer in den hosen und jackentaschen verschwindet. sowas wollt ich schon immer und bin stolz auf mich , dass ich die so toll gemacht hab.“

im prozess ist mir aufgefallen wie ruhig sie durch das bearbeiten des tons geworden ist und ich habe ihr eine einzelsitzung angeboten. vorerst wollte sie keine einzelsitzung, da sie so schon sehr schwer zeit findet. Sonja war es stets wichtig immer wieder zu betonen wie viel und wohin sie überall muss, wie wichtig sie ist und sowieso muss noch neben bei der haushalt gemacht werden. für sie war es nicht denkbar, aus dem haus zu gehen mit dem wissen es steht noch ein ungespültes geschirr im waschbecken. „sowas kann ich nicht haben!!“

in den kommenden gruppensitzungen war sie gut bei der sache, allerdings nicht in der lage so richtig in die tiefe zu gehen, weil sie so viel denken und arbeiten muss zwecks der wintersaison. erst ab dem kraftfarbe – krafträuber thema ging es für sie richtig zu sache und ist laut ihrer aussage, der knopf aufgegangen. von dem zeitpunkt an ging es bergauf. 

die kraftfarbe sollte gewählt und am blatt A2 diese dort einsetzen. die farbe blau stand für die kraftfarbe, die kraftraubende farbe war rot und als sie diese für sie gut aushaltbar, passend am blatt positionieren sollte, fanden an jeder ecke eine rote kleine kugel platz.

 „so halte ich es gut aus, mehr darf es ja nicht sein, so in der ecke sehen sie mich gut und ich sehe sie gut, ansonsten würde ich angst bekommen. zum beispiel wenn sie größer werden würden oder gar sich mir annähern würden!“ 

auf die frage hin, welche farbe hilfreich wäre um ausgleich/verbindung zu schaffen, um eine kommunikation möglich zu machen, nahm sie ein kräftiges gelb zur hand und malte die freie fläche damit fast vollständig aus. Mit einem breiten lächeln im gesicht staunte sie über ihr bild samt erkenntnis, „da muss man ja gar keine angst mehr haben. so geht’s ja auch. des passt so volle. das ist ja eigentlich ganz einfach. man muss nur dem rot einen platz geben und a bissl mehr gelb dazu geben.“

für Sonja war es danach auch möglich Zeit für sich zu nehmen und einen einzeltermin wahrzunehmen in dem sie „nur“ mit ton herumgewerkelt hat. nebenbei erzählte sie mir ihre themen die sie beschäftigten. dieses treffen war sichtlich wohltuend für sie, da es ihr (wenn auch nur einmal) gelang, für sich Zeit zu nehmen und den Alltag als geschäftsfrau draußen zu lassen.

nebenbei entstanden in den weiteren treffen allerhand stärkende bilder bei denen es darum ging, wo sie gut platz hat. wo kann sie gut raum für sich finden ohne den leistungsdruck den sie plötzlich wahrnahm. ihr wurde bewusst, dass sie sehr viel leistet und die vielen aufgaben, die sie sich selber aufbürdete nicht auf dauer gesund für sie sind. eigentlich war die grenze schon lange überschritten, bemerkte sie. 

Sonja experimentierte mit verschiedenen themen und strategien. freudig und mutig beschritt sie neugierig neue wege. dabei fand sie heraus, dass einiges material aus ihrem rucksack nicht mehr wichtig ist für sie und tatsächlich nach wiederholter überprüfung abgegeben werden oder einfach nur weggelassen werden konnte. 

„das tier, der löwe bedeutet für mich kraft und energie, großartigkeit, macht und der löwe führt mich. er beschützt mich und gibt mir halt. er gibt mir das gefühl, alles ist in ordnung, alles ist gut für mich.. so wies kommt, so kommts. und so nehmen wirs!!

grün deswegen, weil es eine leuchtende farbe ist, die ok –farbe. man darf so sein wie man ist.

auf diesem meinen planeten ´Sonja punkt 2`heißen wir sie herzlich willkommen. auf dem werbebanner steht geschrieben: holen sie sich kraft und geben sie auch etwas zurück. sie dürfen so sein, wie sie wollen! ausschließlich gut gelaunt! oberrregel nur gut gelaunt!!!“

ein entstandenes folgebild mit dem thema gutgläubigkeit brachte ihr zu sätzliche erleichterung. dabei nahm sie intuitiv vier farben und werkte auf einem A2 blatt darauf los. im anschluss reflektierte sie ihren prozess und teilte freudig mit, dass rot, die gutgläubigkeit; gelb, die erkenntnis; grün, das vertrauen/veränderung und blau, so soll es sein darstellt.  

zur gutgläubigkeit gehörte aus ihrer sicht: dummheit, akzeptanz, interesse, feindseligkeit und liebe.

„aus der gutgläubigkeit ist die erkenntnis gekommen, dass man vertrauen haben muss, dass es dann so wird, wie man sich es wünscht.“

zum sammelsurium treffen – war von meiner seite eine chronologisch angeordnete fotoreihe ihrer im projekt entstandenen werke auf der wand präsentiert zu sehen. dabei musste Sonja lauthals lachen anfangen. 

„oh du gütiger gott! was ist denn das für eine sonne? das hab ich nicht mehr gewusst, dass ich so ein bild überhaupt gemacht habe. also bitte, dass ihr das ausgehalten habt mit mir. oh du meine güte!“ sie schüttelte schmunzelnd den kopf und fügte hinzu: „marion, da hast du es aber nicht leicht gehabt mit mir. so eine arbeit wie mit mir, wirst du dir wohl so schnell nicht mehr anfangen. also wenn ich mich und mein leben jetzt so anschaue, muss ich sagen,, hut ab, marion was du mit mir geleistet hast. vielen lieben Dank. mir ist es jetzt egal, wie viel arbeit zu hause herumliegt. es tut mir doch keiner. also lege ich mich wenn ich müde bin auf die couch und mach es mir gemütlich. ganz ohne schlechtem gewissen.“

als schlussbild wollte sie unbedingt ihre sonne im prozess darstellen. mit hingabe startete sie  mit einer kleinen noch mit schwarzem rand aufgehender und stetig wachsender satt strahlender sonne. begründet mit vertrauensvollem grün und umrandet mit stärkendem blau gelang es ihr den weg bis hierhin gekonnt auszudrücken.  

durch die gelungene liebevolle zuwendung und innenschau spielte das thema leistung in ihrem leben nur noch eine nebenrolle. ein sanftes „entschleunigen“  kehrte immer öfter ein. sie war jetzt in der lage, gut auf sich zu hören, die nötige zeit und raum für sich zu schaffen. 

nebenbei gewann sie die erkenntnis zum schluss, dass sie frei von angst, mit etwas überwindung und mut, mit zunehmender leichtigkeit kugeln in kreisenden bewegungen malen konnte. 

„und es wird so gar schöner als mit der strichelei-ausmalerei“ fügte sie grinsend erstaunt hinzu.

marion weber
dipl. supervisorin
dipl. klinische kunsttherapeutin
dipl. psychologische beraterin
sachsengasse 97
A-6465 nassereith